Ein Nachruf von Daniel Friedrich Sturm
Zwi Helmut Steinitz, geboren am 1. Juni 1927 in Posen, ist am 24. August 2019 in Tel Aviv gestorben. Möge sein Andenken ein Segen sein.
Über einen, der trotz allem, was er erleben musste, Freundschaften nach Deutschland aufgebaut hat, berichtet einer von ihnen, Daniel Friedrich Sturm, persönlich und berührend in der WELT.
„Strahlende Sonne am Tor des Sammelplatzes in Krakau. Wieder eine Selektion. Der Abschied von der Familie, für immer. Der so disziplinierte Vater ahnt, was ihnen mit der Deportation ins Vernichtungslager Bełżec bevorsteht. Er geht auf zwei SS-Offiziere zu, schreit sie mit erhobener Stimme an: „Ihr Verbrecher, Ihr Mörder.“ Und noch einmal: „Ihr Verbrecher, Ihr Mörder.“
Er hatte, sagt Zwi, „nichts mehr zu verlieren, er wusste, er geht sowieso in den Tod. Das waren die letzten Momente, als ich meine Eltern sah“. Seither plagt Zwi Steinitz die Frage, die so viele Holocaust-Überlebende quält: Warum ich? Warum ausgerechnet ich?“
Er überlebt das berüchtigte KZ Płaszów bei Krakau, Auschwitz-Birkenau, Buchenwald, Sachsenhausen und wird schließlich auf einem Todesmarsch bei Schwerin befreit.
„Jahrzehntelang schweigt Zwi Steinitz über sein Leben unter den Nazi-Peinigern. Mithilfe von AMCHA beginnt er 1990 eine Psychotherapie, die ihm, wie er selbst sagt, „mein verschlossenes Herz öffnete“. Mit 67 Jahren beginnt er sein Leben aufzuschreiben, er verfasst mehrere lesenswerte Bücher. Er macht es zu seiner Aufgabe über die Shoa zu sprechen, reist nach Deutschland, redet vor Schulklassen und in Gedenkstätten. Zu reden ist Teil seiner Therapie.
„Wie ist das Leben?“ fragt Zwi Steinitz: Was verstehen wir vom Leben, wenn wir geboren werden? Man fragt uns nicht, wo wir geboren werden. Man fragt uns nicht, wer unsere Eltern sind. Man kommt einfach auf die Welt und zerbricht sich den Kopf.“
Hier können Sie den Beitrag in der WELT lesen.