Vor 75 Jahren wurde das Konzentrationslager Ravensbrück befreit. Hier ist Niza Ganors ÜberLebensgeschichte, geboren vermutlich 1925 in Lemberg.
“Ich bemerkte ein junges Mädchen,
zusammengekauert und vor Kälte zitternd.
Ihr Gesicht war schwarz vor Schmutz und ausgemergelt.
Es war die früher blonde, schöne Sela Marez.
Später, als wir uns in Israel wiedersahen,
begrüßte sie mich mit den Worten:
„Kannst du dich noch an das Stück Seife erinnern,
das du mir in Ravensbrück gegeben hast?“
Mit diesen Worten erinnert sich Niza Ganor an die Begegnung mit einer anderen Überlebenden in Israel. Sie wurde als Annitza Fränkel 1925 in Lemberg geboren. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht besorgten ihre Eltern für sie falsche Papiere und schickten sie unter dem Namen Anna Osimok nach Österreich. Dort arbeitete sie als Kindermädchen auf dem Landsitz des SS-Sturmbannführers Karl Eberhardt Pauli. Im Frühjahr 1944 wurde sie enttarnt und vom Ehepaar Pauli als Jüdin bei den Behörden denunziert. Daraufhin kam sie ins Gefängnis nach Wien.
Während mehrerer Monate wurde sie Verhören unterzogen, ehe man sie im Oktober 1944 nach Auschwitz deportierte. Hier arbeitete sie in der Lagerküche. Bei der Räumung des KZ wurde sie auf den Todesmarsch ins KZ Ravensbrück geschickt; sie überlebte und wurde in Ravensbrück in einer Munitionsfabrik eingesetzt. Auch einen weiteren 10-tägigen Todesmarsch zum Lager Neustadt-Glewe konnte sie überleben. Bei der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee am 2. Mai 1945 war sie völlig entkräftet und schwer krank. Erst nach dreimonatiger Pflege durch Mitarbeiter des Roten Kreuzes und ehemalige Lagerinsassen ging es ihr besser. Aus ihrer Familie hatte sonst fast niemand den Krieg überlebt.
Von Neustadt-Glewe ging sie zu vermeintlichen Freunden nach Frankreich, um von dort ihre Ausreise nach Palästina zu organisieren. Man brachte sie jedoch in ein kommunistisches Lager, das Überlebende in ihre Heimat zurücktransportieren sollte. Es gelang ihr, das Wachpersonal zu bestechen und zu entkommen. Über die Jewish Agency reiste sie im September 1945 illegal nach Palästina ein. In Israel arbeitete sie als Lehrerin. Auch nach dem Tod ihres Mannes lebt Niza ein aktives, selbstbestimmtes Leben in der Nähe ihrer Kinder, Enkel und Urenkel. Bei AMCHA erfährt Sie psychologische Unterstützung im Umgang mit der lebendigen traumatisierenden Vergangenheit.
Foto: Helena Schätzle für AMCHA Deutschland e.V.