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Wir trauern um Niza Ganor 1925-2018

Ich weigerte mich, ihm meine Tasche zu geben,
da ich in ihr Waschutensilien hatte.
Der Mann brach in lautes Gelächter aus:
„Du bist hier in Auschwitz!
Hier bleibt nur eine von Zehntausenden am Leben!“
Ich sagte: „Wenn das so ist,
dann werde ich die eine von den Zehntausenden sein!“,
und behielt mein Täschchen in der Hand.
Was für ein Zeichen von Selbstbehauptung im Moment größter Entwürdigung!

Niza Ganor, von der diese Worte stammen, ist am Donnerstag, 25. Oktober 2018, in Jerusalem gestorben. Als Porträtierte unseres Dokumentationsprojektes „Leben nach dem Überleben“ stand sie uns besonders nahe.

In Lemberg, das damals zu Polen gehörte, wurde sie als Annitza Fränkel geboren. Ihren Geburtstag, der vermutlich in den März 1925 fiel, musste sie später vergessen, als sie Namen und Identität wechselte. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht besorgten ihre Eltern für sie falsche Papiere und schickten sie unter dem Namen Anna Osimok nach Österreich. Dort arbeitete sie als Kindermädchen auf dem Landsitz des SS-Sturmbannführers Karl Eberhardt Pauli. Im Frühjahr 1944 wurde sie enttarnt und vom Ehepaar Pauli als Jüdin bei den Behörden denunziert.

Daraufhin kam sie ins Gefängnis nach Wien. Während mehrerer Monate wurde sie Verhören unterzogen, ehe man sie im Oktober 1944 nach Auschwitz deportierte. Hier arbeitete sie in der Lagerküche. Bei der Räumung des KZ wurde sie auf den Todesmarsch ins KZ Ravensbrück geschickt; sie überlebte und wurde in Ravensbrück in einer Munitionsfabrik eingesetzt. Auch einen weiteren 10-tägigen Todesmarsch zum Lager Neustadt-Glewe konnte sie überleben.
„Mir wurde erst jetzt bewusst, dass dieser Augenblick nicht so war, wie ich ihn mir tausendmal erträumt hatte. Ich spürte ein Gefühl der Leere. Jetzt, da ich frei war, fehlte mir die Kraft aufzustehen.“
Aus ihrer Familie hatte sonst fast niemand überlebt.

Im September 1945 reiste sie illegal nach Palästina ein. In Israel arbeitete sie bis zu ihrer Pensionierung 1985 als Lehrerin. Über ihr Verfolgungsschicksal schrieb sie das Buch „Wer bist du, Anuschka“ (1996), das 1998 mit dem Sonderpreis des Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreises ausgezeichnet wurde. Bei AMCHA war sie viele Jahre lang aktiv und fand Hilfe, ihre Traumata bearbeiten zu können.

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